Grundsätzliches:
Die Verletzung des vorderen Kreuzbandes ist eine der bedeutungsvollsten Sportverletzungen. Es gilt: man hat ein vorderes Kreuzband und kann Sport treiben, oder man hat kein vorderes Kreuzband und ist nur eingeschränkt sportfähig. Laufen, Schwimmen, Radfahren sind ohne Kreuzband möglich; Skifahren, Tennis, Fußball und alle anderen Kontaktsportarten sind nicht möglich. Ohne funktionierendes vorderes Kreuzband besteht bei diesen Sportarten eine hohe Gefahr der Schädigung von Knorpel und Menisci.
Wohl kaum eine Verletzung in der Sporttraumatologie hat im Verlauf der letzten 20 Jahre in ihrer Behandlung einen solchen Wandel erfahren wie die Kreuzbandruptur. Dies gilt für die Diagnostik, wo sich mit der Kernspintomographie ein äußerst exaktes, bildgebendes Verfahren zur zuverlässigen Erkennung dieser schweren Verletzung etabliert hat. Bereits präoperativ können wir somit heute auch Begleitverletzungen, wie Meniskus- oder Knorpelschäden, erkennen und die Behandlung entsprechend sicher mit dem Patienten planen.
Dies gilt auch für die Operation der Kreuzbandruptur. Nachdem die Naht des Kreuzbandes und der Ersatz mit Kunststoffbändern enttäuschende Ergebnisse zeigten, wurde mit der Entnahme und Transplantation körpereigener Sehnen als Kreuzbandersatz ein großer Fortschritt erzielt. Der entscheidende Durchbruch gelang jedoch mit der Einführung des arthroskopischen Kreuzbandersatzes Anfang der 90-er Jahre. Seitdem ist es möglich, die gesamte Operation in der „Schlüssellochtechnik“ durchzuführen – eine Eröffnung des Kniegelenkes mit großem Schnitt ist nicht mehr notwendig.
Im Wandel der Zeit hat sich auch das funktionelle Ergebnis für den Patienten zum Positiven gewandelt.
War früher die Ruptur des Kreuzbandes gleichbedeutend mit Sportinvalidität und drohender Arthrose des Kniegelenkes, so ist heute, auch Dank einer stark verbesserten und standardisierten Rehabilitation, die schnelle Reintegration ins Berufs- und Sportlerleben zeitnah möglich. Die weitaus meisten der operierten Patienten, egal ob Freizeit – oder Leistungssportler, können ihren Sport wieder auf dem ursprünglichen Niveau ausüben.
Wir haben im Zentrum für Orthopädie und Sportmedizin ZFOS in den vergangenen 20 Jahren mehr als 10.000 Operationen des vorderen Kreuzbandes mit Semitendinosussehne durchgeführt und verfügen somit über eine hohe Kompetenz, was diese schwere Verletzung betrifft.
Operationstechnik:
Wenn nach der Verletzung eine gute Beweglichkeit des betroffenen Kniegelenkes erreicht ist, kann die Operation erfolgen. Der Eingriff wird in der Regel stationär und in Vollnarkose durchgeführt, die Aufenthaltsdauer im Krankenhaus beträgt zwischen drei und fünf Tagen.
Die arthroskopische Operation beginnt mit einem diagnostischen Rundgang durch das Kniegelenk. Hier werden die Knorpeloberflächen und Menisken überprüft und mögliche Schäden direkt behoben. Anschließend wird der zerrissene Kreuzbandstummel entfernt und die Semitendinosussehne über einen kleinen zusätzlichen Schnitt am Schienbeinkopf entnommen. Um die nötige Stärke zu erreichen, wird die Sehne dann durch den Assistenten zu einer 4-fachen Schlinge gelegt und mit Fäden armiert. Inzwischen bohrt der Operateur Knochenkanäle im Ober- und Unterschenkel, die im Kaliber exakt den Abmessungen des gefertigten Transplantates entsprechen und zwischen 7 mm und 9 mm schwanken. Nach Einziehen des Transplantates ins Gelenk wird es in der Regel am Oberschenkelknochen mit einem kleinen Metallplättchen (Endobutton), am Schienbein mittels einer Metallklammer (Staple) und / oder einer resorbierbaren Schraube fixiert.
1. Hautschnitte
2. Präparation der entnommenen Sehne
3. Anlegen des Bohrkanals
4. eingezogenes Transplantat im Schema
5. gerissenes und umgeschlagenes Kreuzband
6. Einzug des Endobuttons …
7. … mit anhängendem Transplanta
8. ersetztes vorderes Kreuzband
9. Röntgenbild mit Endobutton und Metallklammer
Nachbehandlung:
Bereits während des stationären Aufenthaltes wird mit krankengymnastischen Übungen unter Anleitung begonnen. Für die Dauer von etwa 2 Wochen erfolgt die Teilbelastung an Unterarmgehstützen, wobei für insgesamt 6 Wochen eine bewegliche Kniegelenksorthese getragen wird. In diesem Zeitraum sollte auch eine annähernd seitengleiche Beweglichkeit des Gelenkes erzielt werden. In 2-wöchentlichen Abständen erfolgen Kontrollen in unserer Praxis. Dabei wird auch das weitere Vorgehen mit dem behandelnden Physiotherapeuten abgestimmt. Ein gezieltes Kraft- und Stabilisationstraining wird ab der 6. postoperativen Woche eingeleitet, mit Lauftraining kann ab dem 3. Monat begonnen werden. Die Rückkehr zu Kontakt- und Risikosportarten ist bei gutem Heilverlauf ab dem 6. Monat möglich. Das beschriebene Behandlungsregime hat sich im Verlauf der Jahre etabliert und soll unseren Patienten als Leitfaden dienen. Die Arbeitsunfähigkeit bei einer Bürotätigkeit beträgt ca. 2 bis 3 Wochen, muss aber je nach Beruf individuell festgelegt werden.