Grundsätzliches:
Vom Schulterblatt ziehen 4 Muskeln zum Oberarmkopf. Sie setzen dort mit ihren Sehnen an und bewegen den Arm. Die Sehnen sind dort zu einer gemeinsamen Platte, zu einer Manschette verwachsen. Der Supraspinatusmuskel hebt den Arm seitlich hoch. Der Subscapularis dreht den Arm nach innen. Der Infraspinatus und der Teres minor drehen den Arm nach außen. Deshalb: Rotatorenmanschette.
Bei Überkopftätigkeit wird die Sehnenplatte gegen das knöcherne Schulterdach gedrückt und scheuert dort. Je länger dies geschieht, umso mehr franst sie aus, wird dünner und reißt schließlich. Diese verschleißbedingten Risse betreffen vorwiegend ältere Patienten. Bei jüngeren Patienten mit noch guter Sehnenqualität reißt die Sehne meist durch einen Unfall, beispielsweise einen Sturz auf den Arm. Die Manschette wird gegen den Knochen gestoßen und „platzt“. In den allermeisten Fällen ist die Supraspinatussehne betroffen.
Bei einer Rotatorenmanschettenläsion klagen die Patienten über Nachtschmerz und Schmerzen bei Bewegung des Armes, die von der Schulter in den Oberarm ausstrahlen. Bei großen Rissen tritt ein Kraftverlust ein. Der Arm kann nur mit Mühe oder gar nicht mehr seitlich hochgehoben werden. Zur Diagnose eines Sehnenrisses gehören neben der körperlichen Untersuchung die Sonografie und die Kernspintomografie. Damit lässt sich auch die Größe des Risses exakt bestimmen.
Ein Rotatorenmanschettenriss heilt nicht von alleine aus. Von Ausnahmen abgesehen, muss man operieren. Die Operation sollte frühzeitig erfolgen: bevor die Sehnenenden sich immer weiter zurückziehen, bevor der Muskel schwindet und der Defekt zu groß wird. Sehr große, chronische Defekte (Massenruptur) sind meist nicht mehr reparabel.
Mit den neuesten OP-Methoden lassen sich oft aber auch noch größere, sog. irreparable Defekte, gelenkerhaltend so operieren, dass die Schulter schmerzfrei und funktionsfähig werden kann. Zur Anwendung kommen hier z.B. die Wiederherstellung der oberen Gelenkkapsel mittels eigenem (lange Bizepssehne) oder körperfremden Ersatzgewebe (obere Kapselrekonstruktion oder SCR genannt) oder das minimalinvasive Einbringen eines selbstauflösenden Platzhalters (InSpace™-Ballon: mit Wasser gefüllter Ballon) in den Schultergleitraum.
1. Supraspinatusriss-Schema Schnittbild
2. Supraspinatusriss-Kernspin
3. Supraspinatusriss-Arthroskopie
4. Supraspinatusriss-Schema Aufsicht
5. Durchfädeln der Nähte
6. verknotete Nähte
7. Setzen eines Fadenankers
8. Anschlingen der Sehne mit Fäden
9. verknotete Nähte-refixierte Sehne
Operationstechnik:
Ziel der Operation ist der Verschluss des Sehnendefektes. Die zerrissene Sehne muss wieder aneinander und/oder am Knochen vernäht werden. (Ein „Stopfen“ des Loches mit Fremdmaterial hat sich nicht bewährt).Der Eingriff kann entweder offen, mittels Schnitt, oder im Rahmen einer Schulterarthroskopie, d.h. in „Schlüssellochtechnik“ ausgeführt werden. Letzteres hat den Vorteil des geringeren Operationstraumas. Weniger Schmerzen, weniger Vernarbungen, bessere Beweglichkeit und erleichterte Rehabilitation sind die Folge.
Im ZFOS führen wir jährlich weit mehr als hundert Operationen an der Rotatorenmanschette durch, meist mittels Arthroskopie. Der Patient bleibt 3-5 Tage in der Klinik. Der Eingriff selbst beginnt mit einem diagnostischen „Rundgang“ durch das Schultergelenk. Bleistiftdünne Instrumente, wie die Kamera und die Nahtzangen, werden dabei durch winzige Hautschnitte eingeführt. Der verengte Gleitraum (Impingement) wird ausgefräst und erweitert, so dass später die refixierte Sehne mehr Platz hat und besser gleiten kann.
Die Sehne wird von Vernarbungen gelöst und heruntergezogen. Selten können einfache Seit-zu-Seit-Nähte gelegt und die Sehnenenden damit wieder zusammengezogen werden. Meist muss die Sehne wieder am Knochen refixiert werden, da sie dort ausgerissen ist. Dazu wird am Knochen eine kleine Nut gefräst, wo die Sehne wieder gut einheilen kann. Eine mit Fäden versehene Schraube (Nahtankertechnik) wird hier eingedreht. Die Fäden werden dann mit speziellen Instrumenten durch die Sehne gestochen und über dem Anker verknotet. Es resultiert eine stabile Sehnenrefixation, der Defekt ist verschlossen. Alternativ zu dieser Technik können bei der offenen Operation die Fäden ohne Anker direkt durch den Knochen geführt und verknotet werden (transossäre Technik)
Nachbehandlung:
Je nach Größe des operierten Defektes darf der Arm für 4-6 Wochen nach der Operation nicht aktiv (mit eigener Muskelkraft) bewegt werden, da sonst die gelegten Nähte wieder ausreißen würden. Für diese Zeit wird der Arm deshalb in einem Schulterkissen gelagert. Umgekehrt muss allerdings auch ein Verkleben der Gelenkflächen und eine Bewegungseinschränkung der operierten Schulter vermieden werden. Bereits während des Klinikaufenthaltes beginnt deshalb eine passive Bewegungstherapie unter krankengymnastischer Anleitung. Zusätzlich wird die Benutzung einer motorisierten Bewegungsschiene erlernt, so dass die Übungen zu Hause weitergeführt werden können.
Alle 2 Wochen erfolgen Kontrollen in unserer Praxis. Dabei wird auch das weitere Vorgehen mit dem behandelnden Physiotherapeuten abgestimmt. Nach sechs Wochen darf die Schulter ohne Einschränkung bewegt werden. Eine ambulante oder stationäre Rehabilitation zur vollständigen Wiederherstellung der Schulterfunktion kann dann sinnvoll sein. Die Sehne benötigt bis zur vollständigen Heilung ca. ein Vierteljahr. Schweres Heben und Tragen sind bis dahin nicht erlaubt. Die volle Funktion wird frühestens nach vier Monaten erreicht. Dann kann auch mit sportartspezifischem Training bei schulterbelastenden Sportarten begonnen werden. Die Arbeitsunfähigkeit wird je nach Beruf individuell festgelegt. Sie beträgt bei einer Bürotätigkeit 2-3 Wochen, bei handwerklichen Tätigkeiten bzw. schwerer körperlicher Arbeit sind ca. drei bis vier Monate einzuplanen. Auto fahren ist nach sechs Wochen erlaubt.